Was ist Formbeständigkeit?

Formbeständigkeit beschreibt die Fähigkeit eines Materials, seine Passform, Form und funktionellen Eigenschaften während seines gesamten Lebenszyklus beizubehalten.

Technische Kunststoffe sind einer Vielzahl von extremen Bedingungen ausgesetzt. Dies fängt bei der maschinellen Bearbeitung von Teilen an und reicht bis zu intensiven Betriebsumgebungen. All diese Faktoren können sich auf die Funktionsfähigkeit des Materials und des gesamten Teils während seines Lebenszyklus auswirken. Die Abmessungen des fertigen Teils sind am häufigsten von mangelnder Formbeständigkeit betroffen. Denn übermäßige Feuchtigkeit oder extreme Temperaturen können dazu führen, dass sich die Materialien ausdehnen oder zusammenziehen.

Auch wenn ein Teil keinen besonders anspruchsvollen Betriebsbedingungen ausgesetzt wird, ist es dennoch wichtig, die Formbeständigkeit eines Materials zu berücksichtigen. Dies gilt besonders, wenn das Teil mit engen Toleranzen bearbeitet wird. Es handelt sich hierbei um einen Prozess, bei dem ein Material hohen mechanischen Spannungen ausgesetzt ist.

Die Formbeständigkeit eines Kunststoffmaterials ist eine der wichtigsten Qualitätseigenschaften, wenn es um die Leistung und den sicheren Betrieb während der gesamten Laufzeit geht. Sie muss sowohl bei der Materialauswahl als auch bei der Konstruktion des Teils berücksichtigt werden. Die Mitsubishi Chemical Group bietet ein umfassendes Portfolio an technischen Polymeren, die eine Vielzahl von Anforderungen an die Formbeständigkeit abdecken.

TECHNISCHE ERWÄGUNGEN Welche Bedingungen beeinflussen die Formbeständigkeit?

Reduzierte Feuchtigkeitsaufnahme

Kunststoffe sind im Allgemeinen hygroskopisch, d. h. verschiedene Kunststoffe absorbieren unterschiedliche Mengen an Feuchtigkeit. Die Feuchtigkeitsaufnahme kann die Abmessungen eines fertigen Teils entscheidend verändern. Außerdem kann die Feuchtigkeitsaufnahme andere Materialeigenschaften wie die elektrische Leitfähigkeit und die mechanische Festigkeit schwächen. 

Es ist wichtig, die Zeit, die Konzentration und die Temperatur der Feuchtigkeit zu berücksichtigen, der ein Kunststoffteil während seines Lebenszyklus ausgesetzt ist. Dies fängt bei der Umgebungsfeuchtigkeit an und reicht bis hin zu längerem Eintauchen, Nass- oder Dampfreinigung sowie Witterungseinflüssen.

Minimale thermische Ausdehnung

Aufgrund ihrer chemischen Struktur dehnen sich Kunststoffe bei Hitze aus und ziehen sich bei Kälte in unterschiedlichem Maße zusammen. Solche Änderungen in den Abmessungen eines Materials können zu Passungs- und Spielproblemen führen. Gleichzeitig können sie die mechanische Leistung des Materials im Laufe der Zeit schwächen.

Bei technischen Anwendungen, die mit extremen Temperaturen und/oder Temperaturschwankungen verbunden sind, müssen Kunststoffe eine ausreichende thermische Stabilität aufweisen, damit sie sich nicht ausdehnen oder zusammenziehen.

Geringe Eigenspannung

Die Kunststoffart und die Herstellungsweise beeinflussen die innere Spannung einer Kunststoffform. Beim Spritzgießen beispielsweise treten im Vergleich zur Extrusion in der Regel größere innere Spannungen auf, weil die Kunststoffmoleküle von außen nach innen abkühlen. Für Anwendungen, die extrem niedrige Eigenspannungen erfordern, kann das Formpressen die ideale Verarbeitungsmethode für Formen und Teile sein. 

Auch die Eigenspannung eines fertigen Teils kann bei der Bearbeitung zunehmen. Für die Herstellung maßgenauer Teile, vor allem solcher, die mit engen Toleranzen bearbeitet werden müssen, müssen die richtigen Werkzeuge verwendet und die besten Verfahren eingehalten werden.

 

Wann ist Formbeständigkeit am wichtigsten?

Es gibt viele technische Anwendungen, bei denen die Formbeständigkeit der beteiligten Materialien berücksichtigt werden muss. Dichtungskomponenten erfordern beispielsweise formstabile Materialien, da Änderungen an den Abmessungen der Dichtung zu Leckagen führen können. Die Formbeständigkeit sollte auch bei der Materialauswahl für Teile berücksichtigt werden, die regelmäßig mit Dampf, Chemikalien oder heißen Flüssigkeiten gereinigt werden.

Abgesehen von der endgültigen Anwendung des Teils beeinflusst die Formbeständigkeit eines Materials ebenfalls die Bearbeitung und die erreichbaren Endtoleranzen. Bei weniger formbeständigen Polymeren können die Wärmeentwicklung während der Bearbeitung und die Eigenspannung in der darunter liegenden Form die konsistente Bearbeitung von Teilen mit genauen Abmessungen und engen Toleranzen erschweren. Eine fortschrittliche Verarbeitung und modernste Bearbeitungstechnologien sowie Polymere mit hoher Formbeständigkeit ermöglichen die Bearbeitung komplizierter Teile mit kleinen Abmessungen und engen Toleranzen. Dazu gehören z. B. elektrische Steckverbinder und Testfassungen.

Weshalb Sie formstabile Kunststoffe Metallen vorziehen sollten

Obwohl Metalle im Allgemeinen formstabiler sind als Kunststoffe, weisen auch viele technische Kunststoffe eine ausgezeichnete Formbeständigkeit auf. Außerdem haben sie mehrere klare Vorteile, weshalb sie in vielen Anwendungen Metallen gegenüber vorzuziehen sind.

Unsere formstabilen Thermoplaste erbringen eine vergleichbare Leistung und bieten darüber hinaus weitere wichtige Vorteile, die Metallteile nicht erreichen können. Zu diesen Vorteilen gehören:

  • Niedrigere Rohstoffkosten 
  • Leichtere Fertigteile
  • Spezifische elektrische Eigenschaften
  • Widerstandsfähigkeit gegen chemische Korrosion 
  • Verbessertes Reibungs- und Steckverhalten

Für Anwendungen, die zusätzliche Formbeständigkeit erfordern, können Thermoplaste mit Glasfasern oder anderen Füllstoffen verstärkt werden. Verstärkte Polymere weisen in der Regel eine höhere thermische Formbeständigkeit auf als ungefüllte Polymere. Des Weiteren bieten sie Verbesserungen der mechanischen, chemischen und dielektrischen Eigenschaften. 

ANWENDUNG IM FOKUS Erfahren Sie, wie unsere formstabilen Kunststoffe in gängigen technischen Anwendungen funktionieren
DICHTUNGSKOMPONENTEN

Hochdruckdichtung aus Fluorosint® 207 PTFE für Mikrofluidisator

Anforderung: Ein Mikrofluidisator ist ein medizintechnisches Gerät, in dem die Partikelgröße pharmazeutischer Flüssigkeiten unter 4.000–10.000 psi und hohen Scherkräften verringert wird. Nach jeder Verwendung wird die Anlage zum Sterilisieren mindestens 20 Minuten lang autoklaviert. Dieses Sterilisierungsverfahren führte allerdings dazu, dass die vorhandene Pumpen-Dichtung aus UHMW-PE anschwoll und sich wieder zusammenzog. Die Folgen waren Lecks und Druckverlust in der Anlage.

Lösung: UHMW-PE wurde durch Fluorosint ® 207 PTFE ersetzt, da dieses Material außerordentlich wenig Feuchtigkeit aufnimmt, sehr formstabil ist und problemlos heißem Dampf widersteht.

Ergebnis: Mit verbessertem Kriechwiderstand und sehr guter Dampfbeständigkeit konnte Fluorosint® 207 PTFE die Nutzungsdauer der Mikrofluidisatordichtung erheblich verlängern. Das neue Teil konnte den wiederholten Autoklavierzyklen standhalten und seine mechanische Festigkeit wesentlich länger beibehalten als herkömmliche PTFE- und PE-Materialien.

Erfahren Sie mehr über unsere Dichtungsmaterialien
Application Spotlight - Microfluidizer Seal
KOLBEN UND VENTILE

Kolben und Ventilschieber für Abfüllanlage aus Ertalyte® PET-P

Anforderung: Ventilschieber und Kolben in Abfüllanlagen bestanden früher aus Edelstahl. Da dieses Material teuer ist und ständig geschmiert werden muss, suchte der Erstausrüster nach einem FDA-konformen Kunststoff als Ersatz. Das Polymer sollte eine besonders geringe Flüssigkeitsaufnahme aufweisen und dem ständigen Kontakt mit unterschiedlichsten Flüssigkeiten standhalten können, wie zum Beispiel Speise-Saucen, aber auch vielen Reinigungsmitteln. Zudem sollten die Teile mit engen Toleranzen bearbeitet werden können, um die gewünschten Eigenschaften zu erzielen.

Lösung: Nicht alle Polymere erfüllten die Anforderungen: UHMW-PE hielt dem Druck der Anwendung nicht stand, Acetale verschlissen zu schnell und Nylonmaterialien nahmen zu viel Feuchtigkeit auf. Die Wahl fiel auf Ertalyte® PET-P, da es aufgrund seiner ausgezeichneten Verschleißfestigkeit, minimalen Feuchtigkeitsaufnahme und geringer Wärmeausdehnung bestens für diese Anwendung geeignet war.

Ergebnis: Stangen aus Ertalyte® PET-P führten zu Kosteneinsparungen und funktionierten einwandfrei. Zudem wurden die präzisen Abläufe in der Abfüllanlage nicht beeinträchtigt. Die bearbeiteten PET-P-Teile halten Toleranzen von +/- 0,0007 Zoll im Durchmesser von Kolben und Ventilen ein. Aufgrund von Bereichen mit großen Wanddicken, sehr engen Toleranzen und geringen Produktionsmengen wurden die Teile durch spangebende Bearbeitung gefertigt.

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Application Spotlight Tab Pistons & Valves
UNSERE MATERIALIEN AUF DEN PRÜFSTAND STELLEN Testen und Messen der Formbeständigkeit von technischen Kunststoffen
Wir führen eine Reihe von standardisierten Tests an jedem Thermoplast in unserem Portfolio durch und stellen Ingenieuren die detaillierten Produktdaten zur Verfügung, die sie für die Bewertung von Materialkandidaten benötigen. Die folgenden Tests sind entscheidend für die Messung der Formbeständigkeit unserer Materialien.
  • MCG Technical Graphs & Diagram_Stage2_JW_CLTE - 1

    Der lineare thermische Ausdehnungskoeffizient (CLTE) wird verwendet, um die Geschwindigkeit zu bestimmen, mit der sich ein Material in Abhängigkeit von der Temperatur ausdehnt.

    Für alle unsere Materialien führt die Mitsubishi Chemical Group die Tests ASTM E- 831/ISO 11359 durch, um die Wärmeausdehnungsrate in drei verschiedenen Temperaturbereichen zu berechnen: 23 °C bis 100 °C (73 °F bis 210 °F), 23 °C bis 150 °C (73 °F bis 300 °F) und über 150 °C (300 °F).

    Für jeden Test wird eine Materialprobe in einen Ofen gelegt. Die Temperatur im Ofen wird mit einer bestimmten, kontrollierten Rate über den Testtemperaturbereich erhöht, bis das Material bei einer maximalen Temperatur versagt. Die sich verändernden Abmessungen des Exemplars werden detailliert erfasst.

  • Um die Geschwindigkeit vorherzusagen, mit der sich ein Material unter konstanter mechanischer Spannung in einem bestimmten Temperaturbereich verformt, führen wir in unserem gesamten Portfolio Tests zum Kriechverhalten durch.

    Mit dynamisch-mechanischen Analysen (DMA) prüfen wir, inwieweit die Abmessungen einer Kunststoffkomponente kriechen, wenn sie über einen längeren Zeitraum hinweg unterschiedlichen Druckbelastungen ausgesetzt werden.

    MCG Technical Graphs & Diagram_Stage2_JW_Creep Resistance Graph - 1

    Die Variablen, die beim DMA-Test eine Rolle spielen, sind Temperatur, Zeit und Spannung. In den folgenden Diagrammen wurde das Kriechverhalten einer Auswahl unserer Materialien über 100.000 Stunden bei Raumtemperatur (23 °C) und dem Siedepunkt von Wasser (100 °C) beobachtet. Während dieser Zeit wurden die Proben einer mechanischen Spannung ausgesetzt. Die Grafiken zeigen, dass die Belastung, die ein Material aushalten kann, bevor es sich um 1 % verformt, bei niedrigeren Temperaturen deutlich höher ist als bei extremeren Temperaturen und mit fortschreitender Zeit.

  • MCG Technical Graphs & Diagram_Stage2_JW_Water Absorbtion

    Mit Hilfe von Tests zur Wasseraufnahme lässt sich feststellen, wie schnell ein Material Wasser aufnimmt, wenn es Feuchtigkeit ausgesetzt wird. Dadurch können sich seine Größe, sein Gewicht sowie seine mechanischen und elektrischen Eigenschaften verändern.

    Zur Berechnung des Verhaltens bei der Feuchtigkeitsaufnahme führen wir die Tests ISO 62 und ASTM D570 durch, je nach den verfügbaren Materialproben.

    Bei diesen Testmethoden für die Wasseraufnahme wird eine thermoplastische Probe bei Raumtemperatur in Wasser getaucht. Hierbei handelt es sich um die Standardtemperaturkontrolle für jedes unserer Produkte. Nach 24 Stunden unter Wasser messen wir die prozentuale Gewichtszunahme des Kunststoffs. Zusätzlich nehmen wir auch unabhängig von der verstrichenen Zeit die prozentuale Gewichtszunahme des Kunststoffs bei vollständiger Sättigung auf – also dann, wenn er kein Wasser mehr aufnehmen kann.

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Sonnenaufgang über der Erde vom Weltraum aus gesehen